Die Psychologie der Preise: Ein Leitfaden für Immobilienmakler

07.08.2023

Dr. Axel Jockwer

Preispsychologie ist ein leistungsstarkes Werkzeug – auch in der Welt des Immobilienmarketings. In diesem Blogbeitrag möchten wir einige Schlüsselkonzepte hervorheben und erläutern, wie diese Prinzipien effektiv auf die Immobilienbranche angewendet werden können.

Preisanker: Den Ton angeben

Der Preisanker ist oft der erste Preis, der einem potenziellen Kunden präsentiert wird, und er spielt eine entscheidende Rolle bei der Schaffung eines Wertmaßstabs. Er agiert als Ausgangspunkt für alle nachfolgenden Preis- und Wertbeurteilungen.

In der Immobilienbranche wirkt der anfänglich aufgerufene Preis als Anker und beeinflusst maßgeblich die Wahrnehmung des Wertes einer Immobilie. Selbst scheinbar irrelevante Anker können die Preiswahrnehmung beeinflussen. Eine Aussage wie „Vergleichbare Häuser wurden letztes Jahr noch für 700.000€ aufwärts verkauft“ (eigentlich irrelevant, da in der Vergangenheit liegend) kann die Preiswahrnehmung eines Kunden stark beeinflussen.

Doch Vorsicht ist geboten. Eine zu hohe Preisfestsetzung kann das Gegenteil bewirken und dazu führen, dass eine Immobilie auf dem Markt „verbrennt“. Es ist wichtig, einen realistischen Ankerpreis zu setzen, der einen attraktiven Ausgangspunkt für Verhandlungen darstellt.

Preiskontraste: Der Vergleich macht den Wert

Preiskontraste können den wahrgenommenen Wert einer Immobilie beeinflussen. Durch den Vergleich des Preises einer Immobilie mit ähnlichen Objekten in der Umgebung oder mit dem durchschnittlichen Quadratmeterpreis in einer Stadt kann der wahrgenommene Wert erhöht werden. Zum Beispiel könnte eine Immobilie, deren Quadratmeterpreis unter dem lokalen Durchschnitt von 5’100€ liegt, als „Schnäppchen“ wahrgenommen werden.


Preisbarrieren und Verhandlungsanker: Der psychologische Schwellenwert

Persönliche Preisbarrieren sind psychologische Schwellenwerte, die das Kaufverhalten beeinflussen. Ein Kunde, der sich vornimmt, nicht mehr als 350.000€ auszugeben, sieht Preise, die diese Grenze überschreiten, als unerreichbar an, auch wenn sie objektiv betrachtet fair sein könnten. Als Makler ist es daher wichtig, diese persönlichen Preisgrenzen zu kennen und entsprechende Verhandlungsstrategien zu entwickeln. Der Ablauf einer Besichtigungstour durch verschiedene Immobilien kann sich die Gesetzen der Preisbarrieren zu Nutze machen: Starten Sie bei einer deutlich zu teuren Immobilie, zeigen Sie dann eine deutlich schwächere und billigere, um zum Schluss bei einer passenden, nur etwas zu teuren Immobilie zu landen.


Bonusangebote: Das Sahnehäubchen

Bonusangebote bieten eine effektive Möglichkeit, den wahrgenommenen Wert einer Immobilie zu erhöhen und gleichzeitig positive Emotionen beim Kunden zu erzeugen. Dies kann beispielsweise durch das Angebot zusätzlicher Leistungen wie einem Jahresgutschein für die Gartenpflege oder einem Umzugsservice erreicht werden. Durch solche Angebote wird nicht nur der wahrgenommene Wert erhöht, sondern auch der Preisanker durch die zusätzlichen Leistungen verschleiert.


Gebotsverfahren: Der Reiz des Wettbewerbs

Verschiedene Gebotsverfahren können genutzt werden, um eine Dynamik zu erzeugen, die den Verkaufspreis erhöht. Ein offenes Gebotsverfahren mag bei Immobilien nicht sinnvoll sein, aber ein verdecktes Bieterverfahren kann tatsächlich effektiv sein, besonders wenn ein Mindestgebot oder ein Richtpreis festgelegt wird. Wettbewerbsdruck kann Begehrlichkeit schaffen und dazu führen, dass Interessenten höhere Gebote abgeben. Aber: es braucht zumindest zwei, besser drei ernsthafte Kaufinteressenten, um Dynamik entstehen zu lassen.


Dezimalstelleneffekt: Die Macht der Zahlen

Der Dezimalstelleneffekt spielt in der Preispsychologie eine wichtige Rolle. Preise wie 990.000€ oder 999.999€ wirken oft attraktiver als runde Preise wie 1.000.000€. Diese scheinbar geringfügige Preisdifferenz kann jedoch einen großen Einfluss auf die Wahrnehmung des Preises haben und das Kaufverhalten der Kunden beeinflussen.


Sparen im Paket: Der Vorteil des Bündelns

Die meisten Immobilienmakler bieten eine Vielzahl von Dienstleistungen an, die oft als Paket verkauft werden. Der wahrgenommene Wert dieses Dienstleistungspakets kann höher sein als die Summe seiner Teile. Kunden muss gezeigt werden, dass sie „im Paket sparen“, was den wahrgenommenen Wert der Dienstleistungen des Maklers erhöht.


Zusammenfassung

Die Preispsychologie bietet eine Fülle von Strategien, die Immobilienmakler nutzen können, um den Verkaufsprozess zu verbessern und bessere Ergebnisse zu erzielen. Bei der Anwendung dieser Strategien ist es wichtig, die ethischen Grenzen zu wahren und die finanziellen Grenzen der Kunden zu respektieren. Ein tieferes Verständnis der Preispsychologie kann Immobilienmaklern helfen, sowohl im Verkaufs- als auch im Einkaufsprozess erfolgreich zu sein.


Ratgeber:
Verkaufspsychologie für Immobilien­makler.

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